Trends in der Bildverarbeitung von Jürgen Neitzel

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Markus Schnitzlein ist Geschäftsführer der Chromasens GmbH. Der studierte Physiker leitete 10 Jahre den Bereich ‚Scanning und Image Processing’ zunächst bei der CGK Computer Gesellschaft Konstanz mbH und dann nach der Übernahme bei der Océ Document Technologies GmbH aus. 2004 übernahm er zusammen mit Martin Hund im Rahmen eines Management Buy-Outs die Geschäftsführung der neu gegründeten Chromasens GmbH. Seit der Gründung arbeitet die Chromasens unter seiner Leitung an hoch innovativen Forschungs- und Entwicklungsprojekten im Bereich der 3D- und multispektralen Bildgewinnung.

L aut Branchenverband VDMA befindet sich die Bildverarbeitungsindustrie auf Erfolgskurs. Eine starker Inlandsnachfrage und hohe Zuwachsraten in Fernost sowie Nord- und Südamerika überkompensieren einen derzeit etwas schwächelnden europäischen Markt. Die Ursache der Wachstumsdynamik liegt in vielfältigen Innovationen. Neue Generationen von CMOS-Sensoren ermöglichen höhere Bildauflösungen, und immer leistungsfähigere Farbkameras und 3D-Messsysteme erschließt neue Anwendungsbereiche. Markus Schnitzlein, Pionier der Bildverarbeitungstechnologie und Geschäftsführer der Chromasens GmbH, über die aktuelle Marktentwicklung und seine Prognosen hinsichtlich künftiger Entwicklungstrends.

Die VISION 2012, das Schaufenster der IBV-Branche, feiert ihr 25-jähriges Jubiläum. Welchen Stellenwert hat diese Fachmesse national wie international für Aussteller und Besucher?

Markus Schnitzlein: Die VISION in Stuttgart ist für den europäischen und amerikanischen Markt sicherlich die bedeutendste Veranstaltung in diesem Segment. In den vergangenen 25 Jahren hat sie sich zu "der" Präsentations-, vor allen Dingen aber, Kommunikationsplattform der IBV-Branche entwickelt. Anbieter können hier nicht nur in Dialog mit potentiellen Kunden treten, sie haben die Möglichkeit, sich auch untereinander und mit spezialisierten Distributoren und Systemintegratoren über neue Technologien und Marktentwicklungen austauschen. Wir nehmen die VISION regelmäßig zum Anlass, die internationalen Chromasens-Partner nicht nur nach Stuttgart, sondern auch in unseren Konstanzer Firmensitz einzuladen und ihnen Einblicke in unsere Entwicklungslabors und neueste Forschungsprojekte zu bieten.

Welchen Stellenwert haben die internationalen Märkte für die IBV-Branche im allgemeinen und im besonderen für Ihr Unternehmen?

Markus Schnitzlein: Asien gewinnt immer stärker an Gewicht und ist für europäische Unternehmen ein attraktiver Absatzmarkt. Es gibt mittlerweile mehrere IBV-Messen in Asien, die der VISION ähnlich sind, drei davon in China, zwei in Japan und eine in Indien. Die Zahl der Unternehmen, die sich in diesen Ländern mit Bildverarbeitungstechnologien beschäftigen, wächst beständig und gleichzeitig steigt deren Kompetenz. Zwar ist Deutschland nach wie vor führend, wenn es um grundlegende technologische Innovationen geht, aber einige Bereiche, wie beispielsweise die Softwareentwicklung, verlagern sich zunehmend nach Asien. Stand heute, werden in Asien vorrangig IBV-"Standardprodukte" eingesetzt. Im Rahmen meiner häufigen Reisen in die genannten Länder konnte ich feststellen, dass insbesondere in China bereits viel Know-how im Bereich des Einsatzes von automatischer Bildanalyse aufgebaut wurde und ein großer Ehrgeiz besteht, Deutschland und Europa die Spitzenposition im Bereich Innovation streitig zu machen.

Im Rahmen einer Umfrage auf der VISION 2011, kündigten 85 Prozent der befragten Fachbesucher konkrete Investitionsabsichten an. Wie hat sich der Markt innerhalb des vergangenen Jahres entwickelt, und welche Erwartungen haben Sie hinsichtlich der Umsatzentwicklung?

Markus Schnitzlein: Wie prognostiziert, ist das Interesse an IBV-Lösungen und die Zahl konkreter Anfragen tatsächlich in den vergangenen beiden Jahren spürbar angestiegen. Da IBV-Projekte üblicherweise eine lange Vorlaufzeit haben, macht sich dieser positive Trend allerdings noch nicht beim Umsatz bemerkbar. Das Jahr 2012 war geprägt von Vorgesprächen und Projektangeboten, wir erwarten einen deutlichen Einfluss auf die Umsatzentwicklung erst in 2013.

Positiv wird sich in diesem Zusammenhang – wie bereits erwähnt – sicher auch die Marktentwicklung in Schwellenländern, wie beispielsweise Indien, bemerkbar machen. In den dortigen Produktionsbetrieben spielt, trotz geringer Personalkosten, die Steigerung der Effizienz eine zunehmend wichtige Rolle. Die Automatisierung schreitet in vielen Bereichen der Fertigung in großen Schritten voran. Das gilt für Maschinensteuerungen ebenso wie für die Qualitätskontrolle. Da viele der hier produzierten Waren nach Europa geliefert werden, sind die Qualitätsansprüche hoch.

Die Weiterentwicklung bestehender und die Nutzbarmachung neuer Technologien ermöglichen höhere Bildauflösungen und immer kleinere Bauformen. Welchen Einfluss hat das auf die generelle Entwicklung der IBV-Branche?

Markus Schnitzlein: Hohe Auflösungen und kleine Bauformen liegen absolut im Trend. Einen echten Innovationsschub bewirken diese Entwicklungen allerdings nur in wenigen Bereichen der IBV, wie beispielsweise beim Einsatz in Kraftfahrzeugen. Kleine, kompakte Industriekameras kommen hier beispielsweise verstärkt bei Assistentssystemen zur Anwendung. Aus hohen Auflösungen resultieren große zu verarbeitende Datenmengen. Zwar werden auch Prozessoren und Schnittstellen immer leistungsfähiger, dennoch entstehen durch die Notwendigkeit, große Datenmengen schnell zu analysieren, neue und nicht selten kostenintensive technologische Herausforderungen. Der Hype, der teilweise um höhere Auflösungen und kleinere Bauformen gemacht wird, ist meiner Ansicht nach häufig Aktionismus. Derartige Lösungen stehen nicht automatisch für mehr Qualität.

Die farborientierte beziehungsweise multispektrale Bilderfassung hat in den vergangenen Jahren – technologisch betrachtet – große Fortschritte gemacht. Wo steht dieses Segment heute, und wo sehen Sie weitere Entwicklungsperspektiven?

Die kommerzielle Nutzung der technologischen Möglichkeiten dieses Segments steht noch am Anfang, besitzt jedoch große Entwicklungsperspektiven. Es gibt bereits einsatzfähige IBV-gestützte Systeme, die eine hochexakte Analyse des sichtbaren Farbspektrums ermöglichen und beispielsweise in der Druckinspektion zum Einsatz kommen. Entwickelt werden zur Zeit verstärkt integrierte Lösungen, die mehrkanalige Aufnahmen zulassen. Dabei werden nicht nur Aufnahmen im Bereich des sichtbaren Lichts, sondern auch im Infrarot- oder Ultraviolett-Spektrum erstellt. Aus den so erhaltenen Darstellungen lassen sich detaillierte Rückschlüsse auf Materialeigenschaften ziehen. Einsatzbereiche liegen beispielsweise in der Schichtdickenmessung oder bei der Inspektion von Kunststoffen. Chromasens treibt die Entwicklung sowohl der farborientierten wie auch der multispektralen Bilderfassung intensiv voran. Es gibt viele denkbare Einsatzszenarien.

Immer präzisere optische Systeme, schnelle Prozessoren und leistungsstarke Schnittstellen ermöglichen heute dreidimensionale Oberflächenanalysen. Wie stellen sich Angebot und Nachfrage in diesem Segment dar?

Die dreidimensionale Bilderfassung und darauf aufbauend die exakte Vermessung und Oberflächenanalyse von unterschiedlichsten Werkstücken mittels Laser-Linienprojektion wird zunehmend handhabbar. Es gibt bereits Standards, Tools und Software-Schnittstellen, die speziell für diesen Anwendungsbereich entwickelt wurden. Im Vergleich zur Farb- beziehungsweise Multispektralanalyse eröffnet sich hier ein deutlich größeres Marktpotential. Entsprechend groß ist die Zahl der Anbieter und entsprechend hart der Wettbewerb. Als eines der größeren Forschungs- und Entwicklungsunternehmen der Branche nimmt Chromasens auch hier eine Führungsposition ein. Im Gegensatz zu den meisten Wettbewerbern ist Chromasens in der Lage, eine hochwertige Farbbilderfassung mit einer präzisen 3D-Oberflächenanalyse zu kombinieren, ohne dass dafür spezielle Beleuchtungstechnologien benötigt werden. Ein Angebot, das bei Anwendern auf großes Interesse stößt.

Neue Generationen von CMOS-Bildsensoren versprechen höchste Auflösung und Bildqualität auch unter schwierigen Lichtverhältnissen. In wie weit stellen CMOS-Sensoren heute tatsächlich eine echte Alternative zu traditionellen CCD-Sensoren dar?

Die Entwicklung von CMOS-Sensoren hat zweifelsohne große Fortschritte gemacht, und die Chips sind hinsichtlich ihrer Leistungsmerkmale CCD-Sensoren ein gutes Stück näher gerückt. Eine Tatsache, die sicherlich auch darauf zurückzuführen ist, dass die Weiterentwicklung von CCD-Sensoren weitgehend stagniert und von den Herstellern nicht mehr aktiv vorangetrieben wird.

Während CMOS-Sensoren heute teilweise bereits schneller sind als ihre CCD-Konkurrenten, reichen sie in puncto Homogenität und Linearität noch nicht an die Leistungswerte von CCD-Sensoren heran. Kriterien, die insbesondere bei hochpräzisen Messtechnik-Anwendungen von entscheidender Bedeutung sind. Da Chromasens sich mit seinen IBV-Lösungen schwerpunktmäßig im absoluten "High-End"-Bereich bewegt, stellen CMOS-Sensoren derzeit noch keine hundertprozentige Alternative zu CCD-Sensoren dar. Zweifelsohne gibt es jedoch vielfältige IBV-Standardanwendungen, in denen die flexiblen CMOS-Sensoren sehr wohl sinnvoll zum Einsatz kommen können. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass – eine kontinuierliche Weiterentwicklung der CMOS-Technologie vorausgesetzt – derzeit noch bestehende technologische Einschränkungen innerhalb von zwei Jahren beseitigt sind und CMOS-Sensoren dann CCD-Sensoren komplett ersetzen können.

Im Bereich der Industriellen Bildverarbeitung gibt es vergleichsweise wenige Lösungen "von der Stange". Welche Rolle spielen spezialisierte Systemintegratoren bei der Markterschließung?

Die gezielte Zusammenarbeit mit Partnern, sprich Distributoren und Systemintegratoren, ist meines Erachtens ein entscheidender Erfolgsfaktor. Sowohl national wie auch international, arbeitet Chromasens bei der Projektabwicklung deshalb mit hochspezialisierten Systemintegratoren Hand in Hand. Angesichts der Vielfalt der Applikationen sind wir offen für Kooperationen. Aktuell suchen wir beispielsweise Systemintegratoren, die über Erfahrung und hoher Kompetenz in den Bereichen Sicherheitstechnik oder Medizintechnik verfügen.

Jürgen Neitzel

Autor Jürgen Neitzel
Email oder Telefon +49 (0)711 44 08 00 63

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